Der interreligiöse Dialog aus Sicht der Hinduistischen Gemeinde im RTdR St. Gallen

Für den Hinduismus muss der Kern eines religiöses System täglich neu nach einer richtigen Form der gesucht werdenEin religiöses System ist zwar eine Gehhilfe, aber der Weg muss alleine gegangen werden. Es gibt so viele Sichtweisen über Gott wie es Menschen gibt. Befreiung, wie es in verschieden Religionen angestrebt wird, kann nicht durch Anhaftung an ein Dogma erreicht werden, sondern durch Loslösung von der Materie. Der Mensch hat die Eigenschaft, dass er sich durch materielle Errungenschaften definiert. Es sind aber genau diese Definitionen, welche den Menschen an diese Welt binden. Für den Hinduismus ist klar, dass religiöses Leben heranreifen muss. Es muss natürlich heranwachsen. Dies bedeutet auch, dass es verschiedene Herangehensweisen und Zustände auf dem Weg  zur Transzendenz gibt. Was für eine Person stimmen mag, mag für die andere nicht mehr zutreffen, da dieser an einem ganz andern Punkt in seiner Entwicklung steht. Und trotzdem sind beide auf dem Wege zu Gott.  Dies fordert Toleranz, Verständnis, Empathie und Nächstenliebe. Für den  Hinduismus sind alle Lebewesen gleichwertig. Eine Wertigkeit ist zwar vom geistigen Standpunkt her möglich, aber niemals vom seelischen. Auf der seelischen Ebene sind alle Lebewesen gleich, ewige Teile Gottes. So wie die Funken ein Teil des Feuers sind.

Ahimsa ist eines der wichtigsten Grundprinzipien des Hinduismus und bedeutet Gewaltlosigkeit. Es handelt sich dabei um die Verhaltensregel, die das Töten oder Verletzen von Lebewesen untersagt bzw. auf ein unumgängliches Minimum beschränkt.  Ahimsa bedeutet auch, dass die religiösen Gefühle der Menschen nicht verletzt werden dürfen. Für den Hinduismus sind religiöse Gefühle eine Art ständiges inneres Gebet. Durch übereifriges Missionieren können solche Gefühle ausgelöscht werden. Dieser Übereifer spiegelt sich auch in Kriegen, welche Ihre Ursachen in Religiösen Institutionen haben. Gerade Religionen sind häufig Ursache von Kriegen. Für den Hinduismus sind die vedischen Schriften (indischen Urtexte) nicht die einzigen Offenbarungsschriften, sondern auch die Schriften des Judentums, Christentums oder verschiedenen anderen Weltreligionen. Der Hinduismus beteiligt sich deshalb am Interreligiösen Dialog, weil er eine immense Notwendigkeit im Austausch und dem gegenseitigen Verständnis sieht. Es gilt nicht die Andersartigkeit hervorzuheben, sondern die Gemeinsamkeiten, ohne dabei die einzelnen Religionen säkularisieren zu wollen. Es gilt zu verstehen, dass wir alle Kinder Gottes sind. Das Praktizieren von Gerechtigkeit und Gottesliebe ist entscheidend, nicht welcher Religion man angehört. Für den Hindu macht Gott keine Unterscheide. Der Entscheid über den Einlass in die transzendentale Wirklichkeit hängt davon ab, auf welche Art und Weise der Suchende sein Leben gelebt hat und nicht welcher Institution er gedient hat.Der Hinduismus kennt ein Prinzip welches Paramatma genannt wird. Paramatma wird anfänglich als die leise Stimme Gottes  im Herzen wahrgenommen. Der Gerechtigkeitssinn ist eine Äusserung dieses Paramatmaprinzips.Wer zwar ein Schriftgelehrter ist, aber es verfehlt hat dieser Stimme zu dienen hat den Zweck seiner jeweiligen religiösen Institution verfehlt.

Die Philosophie der Gerechtigkeit ist religionsübergreifend ein vernachlässigtes Prinzip in der modernen Zeit. Der Hinduismus möchte durch den interreligiösen Dialog erreichen, dass es eine gemeinsame Solidarisierung gegenüber der Ungerechtigkeit gibt. Dies bedeutet auch, dass wir uns wieder als bekannt und verwandt anerkennen, als mit einem Vatergott als Ursprung. Nicht trennend und sektiererisch.  Die philosophische Gerechtigkeit beinhaltet sämtliche Lebensbereiche wie den zwischenmenschlichen Umgang, den Umgang mit der Natur, den Umgang mit Nahrungsmitteln und natürlichen Ressourcen, Staatskunde etc.. Der Hinduismus möchte  auch das soziale Klima erwärmen, nicht dass der Atmosphäre der Erde. Und dies gemeinsam mit den anderen Weltreligionen.